Die an den Finanzmärkten ausgelöste Krise hat deutlich gezeigt, dass für die Wirtschaft rechtsstaatliche, demokratisch legitimierte gesellschaftliche Regulierungen nötig sind.
Die Märkte sind sich selbst überlassen nicht in der Lage, für Menschen und Umwelt zukunftssichere Modelle des Wirtschaften und Lebens zu gestalten.
Die Forderung nach Regulierungsinstrumenten für die Finanzwirtschaft ist konsequent und nötig. Ihr können sich mittlerweile selbst konservative Kreise und die Arbeitgeber nicht mehr entziehen.
Die Forderung nach Regulierung der Finanzsysteme muss aber einhergehen mit der Forderung nach einer „Neuen Ordnung der Arbeit“, in der Abschied genommen wird von einer Unterordnung der Bedürfnisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter die kurzfristigen Renditeziele der Finanzmärkte und einer daraus folgenden „Angebotsorientierung“ der arbeitsmarktpolitischen Regelwerke.
Die Beschäftigten sind es, deren Fähigkeiten, Engagement und Einsatz die deutsche Wirtschaft produktiv und innovativ gemacht hat. Nicht Verbilligung der Arbeitsmärkte war die Triebkraft des Fortschritts, sondern die Triebkräfte waren Qualifikation, Flexibilität eingebettet in soziale Sicherheit, Mitbestimmung und Tarifverträge. Darauf setzen wir Sozialdemokraten auch weiterhin.
Wir weisen daher auch alle Versuche zurück, auf europäischer Ebene erneut marktradikale Instrumente der Einschränkung von Arbeitnehmerrechten zu installieren. Europa hat nur als soziales Europa eine Zukunft! Die wirtschaftsliberalen Handlungsmuster haben ihre Unschuld verloren – es gibt auch für Europa keinen Grund, ihnen zu folgen!
Wir müssen daher jetzt die Verirrungen und Verfehlungen einer angebotsorientierten Politik bei der Regulierung von Arbeitsbedingungen und Arbeitsmärkten schnell beseitigen und die Rahmenbedingungen der gewandelten Arbeitswelt so zu gestalten, dass sie den Menschen gerecht werden. Dafür brauchen wir eine neue Balance von Flexibilität und Sicherheit, die wir sozialstaatlich absichern wollen.
Eine Politik der Sicherheit und Flexibilität hat für uns folgende Schwerpunkte:
- Chancengleichheit durch Bildung und Qualifizierung.
- Absicherung von Lebensrisiken.
- Neuorientierung der Arbeitsmarktpolitik.
- Sicherung von Tarifbindung und Mitbestimmung.
- Teilhabe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am technischen und wirtschaftlichen Fortschritt.
- mehr Menschen den Zugang zu guter Ausbildung und Arbeit ermöglichen,
- die häufiger auftretenden Wechselfälle und Übergänge in den Erwerbsbiografien durch die Arbeitsmarktpolitik absichern,
- die Mitbestimmungsrechte und Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schützen und verbessern,
- sozial- und tarifrechtlich geschützte Normal- und Teilzeitarbeitsverhältnisse stärken,
- die Gewerkschaften bei ihrer Forderung nach einer produktivitätsorientierten Lohnpolitik unterstützen (Gute Löhne für gute Arbeit!).
- Gesetzliche Ansprüche auf Weiterbildung in allen Bundesländern.
- Eine Ausweitung der Angebote der Bundesagentur für Arbeit mit deutlicher Schwerpunktsetzung auf abschlussorientierter Qualifizierung und Umschulung.
- Zusätzliche Maßnahmen zur Verringerung der Zahl gering qualifizierter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
- Stärkung aller Maßnahmen des zweiten und dritten Bildungsweges durch Erleichterung des Zuganges zu Universitäten und Hochschulen für Menschen mit Berufsabschlüssen.
- Aufwertung der beruflichen Bildung als gleichwertige Bildungsabschlüsse, die auch einen Hochschulzugang ermöglichen.
- Die Einführung eines allgemeinen gesetzlichen Mindestlohnes auf Bundesebene von 8,50Euro, dessen Höhe regelmäßig zu überprüfen und anzupassen ist.
- Die Eindämmung der Leiharbeit durch konsequente Durchsetzung des Equal-Pay/Equal-Treatment-Grundsatzes und die regelmäßige Kontrolle der Leihfirmen auf Einhaltung der Vorschriften. Dieser Grundsatz darf auch nicht durch Tarifverträge ausgehebelt werden. Auch befristete Anstellungen bei Leiharbeitsfirmen nur für die Dauer der Entleihung lehnen wir ab. Die Begrenzung von Leiharbeit muss, wie im Koalitionsvertrag 2011-2015 für das Land Bremen vereinbart, Bedingung für die Gewährung von Wirtschaftsförderung sein. Um dies umzusetzen, soll der Senat eine Arbeitsgruppe unter Beteiligung der Kammern und Tarifparteien einsetzen. Dabei soll auch geprüft werden, eine Ausbildungsquote für geförderte Unternehmen festzulegen.
- gesetzliche Schritte zur Reduzierung von „Werkverträgen“ mit ausufernder Scheinselbstständigkeit, die immer mehr zum Ersatz von Leiharbeit werden.
- Die Beschränkung prekärer Beschäftigungsformen durch Umwandlung der Mini- und Midi-Jobs in geschützte Teilzeitverhältnisse durch Sozialversicherungspflicht ab dem ersten Euro.
- Die Abschaffung sachgrundloser Befristungen und die Einhaltung strengerer Kriterien für Befristungen mit Sachgrund, die mehr und mehr als Umgehung von Kündigungsschutzrechten ausgenutzt werden.
- Klare gesetzliche Regelungen für Praktika, die nach Abschluss einer Ausbildung oder eines Studiums geleistet werden. Diese müssen als Ausbildungsverhältnisse definiert und grundsätzlich bezahlt werden, damit sie keine reguläre Beschäftigung verdrängen.
- Durchsetzung eines Gleichstellungsgesetzes für die private Wirtschaft und den gemeinnützigen Sektor zur Sicherung gleicher Bezahlung und gleicher Chancen von Frauen.
- Verbesserung der Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch Ausbau der Kinderbetreuung und mehr Ganztagsschulen, Verbesserung der Teilzeitregelungen und die Förderung einer familiengerechten Arbeits(zeit)kultur.
- Eine Neuorientierung der Arbeitsförderungspolitik mit dem Ziel der Nachhaltigkeit der Vermittlung in sozialversicherungspflichtige Tätigkeit und der Anhebung des Qualifikationsniveaus durch Orientierung auf abschlussorientierte Weiterbildung.
- Eine Differenzierung nach der Anzahl der Erwerbszeiten und Beitragsjahre sowie eine Verlängerung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes (ALG) I auf bis zu 30 Monate, um den schnellen Absturz in Hartz IV bei Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Die so genannte Rahmenfrist für den Erwerb von Ansprüchen aus der Arbeitslosenversicherung ist auf 36 Monate auszudehnen.
- Die Regelungen zur Zumutbarkeit einer Arbeitsaufnahme im SGB II und SGB III sind so zu verändern, dass grundsätzlich nur Arbeitsverhältnisse als zumutbar gelten, die den sozial- und tarifrechtlichen Standards entsprechen. Analog dazu sind die Sanktionsregelungen anzupassen.
- Beibehaltung flexibler und unbürokratischer Regelungen von Kurzarbeit und Transfer-Kurzarbeit. Beide Instrumente haben in der Wirtschafts-Krise und bei Unternehmenskrisen ihre arbeitsmarkt- und strukturpolitischen Bedeutungen bewiesen.
- Die Finanzierung der aktiven Arbeitsmarktpolitik muss in ausreichender Höhe sichergestellt werden. Dies gilt für die beitragsfinanzierten ebenso wie für die aus den staatlichen Haushalten finanzierten Leistungen.
- Die Fortführung der Finanzierungsinstrumente des ESF – auch nach der kommenden Neustrukturierung – als Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Dies gilt auch für unser Bundesland Bremen, um künftig weiter erfolgreich regionale Arbeitsmarktpolitik betreiben zu können.
- Einen sozialen Arbeitsmarkt, der Menschen die mittel- bis langfristig keine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt haben eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in gesellschaftlich sinnvollen Tätigkeitsfeldern bietet.
- Die Schaffung flexibler Instrumente zum Ausstieg aus dem Arbeitsleben als altersgerechte Alternative zur Starren Grenze der „Rente mit 67“.