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Beschluss des Landesparteitages vom 26. September 2015

28.09.2015
A 29 - Reform des „Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“ (Antrag an den Bundesparteitag)
Der Bundesparteitag möge beschließen:

Reform des „Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirt-schaftlichen Entwicklung“

Die SPD setzt sich für eine Reform des „Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“ (SVR) ein. Zielrichtung ist dabei eine plurale Zusammensetzung hinsichtlich der vertretenen wissenschaftlichen Lehrmeinungen sowie der Staatsangehörigkeit und des Geschlechts seiner Mitglieder.

Angesichts des hohen Internationalisierungsgrades der deutschen Wirtschaft sind mindestens zwei nicht-deutsche Mitglieder zu berufen, die einen Lehrstuhl in einem anderen europäischen Land innehaben. Um die wissenschaftliche Diversität zu erhöhen, ist mindestens ein Mitglied zu berufen, das in seiner wissenschaftlichen Ausbildung in erster Linie ein Sozialwissenschaftler oder eine Sozialwissenschaftlerin ist. Überdies sollten mindestens zwei der fünf Ratsmitglieder Frauen sein und der Vorsitz abwechselnd mit einem Mann und einer Frau besetzt werden.

Begründung:
Der SVR wurde 1963 mit dem Ziel gegründet, die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland periodisch zu begutachten und damit zur Erleichterung der Urteilsbildung bei allen wirtschaftspolitisch verantwortlichen Instanzen sowie der Öffentlichkeit beizutragen. Dieser Aufgabe ist der SVR in den zurückliegenden Jahren zunehmend weniger gerecht geworden.

Die Gründe dafür liegen vor allem in der einseitigen Zusammensetzung des Rates, dessen Mitglieder deutlich überwiegend Vertreterinnen und Vertreter einer marktoptimistischen und angebotsorientierten (neoklassischen) Theorie sind und somit nicht annähernd das wissenschaftliche Spektrum der Ökonomie in Lehre, Forschung und Politik abdecken. Die Folge ist, dass die periodischen Gutachten des SVR immer stärker zu einem Instrument der ideologischen Politik- und Meinungsbeeinflussung geworden sind, statt in problemorientierter Weise zu einer qualifizierten Urteilsbildung von Politik und Öffentlichkeit beizutragen.

In seiner personellen (rein deutschen) Zusammensetzung spiegelt der SVR zudem noch eine überwiegend national ausgerichtete Volkswirtschaft wider. Das entspricht weder dem heutigen hohen Internationalisierungsgrad der deutschen Wirtschaft, noch ihrem Gewicht und ihrer Rolle in der europäischen Wirtschaft.

Überdies ist der SVR bislang in monokultureller Weise mit Mitgliedern besetzt, die einem engen „rein“ ökonomischen und eher „naturwissenschaftlichen“ Verständnis der Wirtschaft anhängen. Die Wirtschaft ist aber ein integraler Teil der Gesellschaft und in vielfältiger Weise mit sozialen Fragen verwoben. Sie verlangt daher auch nach einer interdisziplinären und insbesondere sozialwissenschaftlichen Betrachtungsweise. Es sollte daher gewährleistet sein, dass ein solcher sozialwissenschaftlicher Blick im SVR vertreten ist.

Dass in 2004 erstmals eine Frau in den SVR berufen wurde, ist ein Fortschritt, der nur einen Zwischenschritt zur angemessenen Beteiligung beider Geschlechter darstellen kann.