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Beschluss des Landesparteitags vom 12. Mai 2012

12.05.2012
A 3 - Krankenhauspolitik und Krankenhausfinanzierung für die Zukunft
Die mehr als 2.000  Krankenhäuser in Deutschland versorgen jährlich rund um die Uhr und an 365 Tagen im Jahr 18,4 Millionen Patienten. Sie sind ein zentrales Glied in der Versorgungskette und sie bilden für viele Menschen in der Fläche einen elementaren Baustein der Gesundheitsversorgung. Ohne die Krankenhäuser wäre die ambulante Notfallversorgung heute schon nicht mehr aufrechtzuerhalten. In den Krankenhäusern werden alle wesentlichen Gesundheitsberufe aus-, fort- und weitergebildet. Die deutschen Krankenhäuser sind außerdem wichtig für den Arbeitsmarkt und für die Wirtschaft. Sie stellen über eine Million qualifizierte Arbeitsplätze bereit und damit mehr als Maschinenbau oder die Automobilindustrie. Mit einem Umsatzvolumen von etwa 70 Milliarden Euro sind sie ein entscheidender Faktor für Binnenkonjunktur und für Steuereinahmen. Sie tragen ganz wesentlich zur Verbesserung der Arbeitsproduktivität bei und sind eine zentrale Säule der wachsenden Gesundheitswirtschaft. Die gesundheitspolitische Diskussion wird allerdings seit vielen Jahren in erster Linie  durch Forderungen nach Kostendämpfung und nach Beitragssatzstabilität geprägt. Der Krankenhaussektor wird vielfach nicht als unverzichtbarer und produktiver Teil unserer Gesellschaft sondern als bloßer „Kostentreiber“ angesehen. Deshalb bestimmen häufig nicht Versorgungsziele, sondern betriebswirtschaftliche Kriterien die Gesundheitspolitik.  Dauerhafter Kostendruck kann aber zur Absenkung der Versorgungsqualität führen. Zukünftig muss deshalb eine aufgaben- und leistungsgerechte Finanzierung der Krankenhäuser sichergestellt werden. Im Mittelpunkt der Gesundheitspolitik muss die Qualität der Patientenversorgung stehen. Da die wesentlichen Rahmenbedingungen der Krankenhausfinanzierung auf Bundesebene festgelegt werden, richtet sich die Forderung nach einem, Politikwechsel insbesondere an den Bundesgesetzgeber und die Bundesregierung. Im Einzelnen fordert die Bremer SPD: 1. Dauerhafte Finanzierung von Personal- und Sachkostensteigerungen Die bisherige Betriebskostenfinanzierung muss dringend reformiert werden. Die jetzige Praxis hat zu gravierenden Unterfinanzierungen geführt und zu problematischem Personalstellenabbau. Damit das zukünftig vermieden wird, ist es notwendig, dass die Refinanzierung der tarifbedingten Personalkosten- und Sachkostensteigerungen (z. B. Energie und Medizinprodukte) für alle Krankenhäuser dauerhaft in voller Höhe finanziert werden. Das erfordert eine Änderung des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) und der Bundespflegesatzverordnung (BPflV). Wichtig ist, dass ein verbindlicher Kostenorientierungswert für die Fortschreibung der Landesbasisfallwerte und Landesbasisentgeltwerte ab 2013 eingeführt wird, der die vollständige Finanzierung der allgemeinen Kostenentwicklung der Krankenhausbetriebe sichert. 2. Maßnahmen zur Deckung des Fachkräftebedarfs Mit der Beendigung der Unterfinanzierung durch die Einführung des Kostenorientierungswertes (vgl. Ziffer 1.) und die Realisierung einer verlässlichen Investitionsquote (vgl. Ziffer 3.) werden die Krankenhäuser in die Lage versetzt, den vorgehaltenen Personalbestand zu erhalten. Zur Sicherung der Qualität der Patientenversorgung in den Krankenhäusern ist es außerdem wichtig, die Personalbemessung durch verbindliche bundesweit einheitliche Standards gesetzlich festzulegen. Dabei ist dafür zu sorgen, dass die zu vereinbarenden Personalstandards in allen Plankrankenhäusern auch umgesetzt werden. Das versetzt sie in die Lage die Verbesserung der Arbeitsabläufe und der Arbeitsbedingungen voranzutreiben. Vor diesem Hintergrund ist ein Maßnahmenpaket zur Steigerung der Attraktivität der Arbeitsplätze notwendig. Krankenhäuser sind anzuregen, dass sie aktive Personalentwicklung betreiben und  für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sorgen. Dazu sollten auf Landesebene unter der Federführung der Gesundheitsminister und der Beteiligung der Landeskrankenhausgesellschaften entsprechende Arbeitsgruppen eingerichtet werden. 3. Finanzierung bedarfsnotwendiger Investitionskosten sicherstellen Durch Änderung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) ist eine bundesweit verbindliche Investitionsquote in angemessener Höhe sicherzustellen. Soweit die Bundesländer, wie dies in den vergangenen Jahrzehnten überwiegend der Fall war, zu einer vollen Finanzierung nicht in der Lage sind, muss eine ergänzende Finanzierung über den Gesundheitsfonds auf Bundesebene erfolgen. 4. Volle Finanzierung der morbiditätsbedingten Mehrleistungen der Krankenhäuser Durch entsprechende gesetzliche Änderungen ist eine vollständige Finanzierung von vereinbarten morbiditätsbedingten Mehrleistungen der Krankenhäuser anzustreben. 5. Öffnung der Krankenhäuser zu weiteren Sektoren im Gesundheitswesen Die Öffnung der Krankenhäuser hin zur ambulanten, pflegerischen und rehabilitativen Versorgung muss energisch vorangetrieben werden. Verstärkte Kooperationen zwischen Krankenhäusern und mit anderen Leistungsanbietern der Gesundheitsversorgung verbessern die Leistungsfähigkeit, die Wirtschaftlichkeit und die Versorgungsqualität deutlich. Dazu sind unbedingt entsprechende Änderungen im SGB V, SGB XI und SGB II vorzusehen. Notwendig ist eine umfassende Durchlässigkeit aller medizinischen, pflegerischen und rehabilitativen Versorgungen. Nur dann kann die seit langem beklagte Kluft zwischen den Sektoren geschlossen werden. Die Finanzierung der mit den Maßnahmen zu 1. bis 3. erforderlichen Mehrausgaben im Krankenhausbereich kann im Rahmen der Einführung der Bürgerversicherung stufenweise ab dem Jahr 2014 erfolgen. Die soziale Bürgerversicherung ist dafür hilfreich, weil sie die Solidargemeinschaft stärkt und ein wirksames Instrument zur zukünftigen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung darstellt.