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Abfallentsorgung und Straßenreinigung: Öffentlichen Einfluss ausbauen – Rahmen für Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) schaffen – private Kompetenz beteiligen

06.12.2014
Beschluss des Landesvorstandes vom 5. Dezember 2014
Die SPD Bremen hat das Ziel, mehr kommunalen Einfluss bei Bedingungen guter Arbeit und Gebührenstabilität in der Abfallentsorgung und der Straßenreinigung, seit dem Frühjahr in vielen Gliederungen, mit den betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und den Vertretern der Unternehmen diskutiert. Dabei wurde klar: Die Privatisierungsentscheidungen von 1998 haben unsere heutige Handlungsfähigkeit erheblich eingeschränkt. Die vollständige Privatisierung nach 1998 hat zum nahezu vollständigen Verlust der fachlichen Kompetenzen im Management der Abfallwirtschaft und Straßenreinigung geführt. Die damals geschlossenen Verträge mit den privaten Unternehmen enthalten keine verbindlichen Regelungen für die Abwicklung bei Vertragsende, so genannte Endschaftsregelungen. Eine verlässliche Verfügung über benötigte Grundstücke, Betriebsmittel, Informationssysteme und Personal zum 30.Juni 2018 ist nicht gegeben. Zustimmung fand aber auch: Um mehr Transparenz und bessere Steue-rungsmöglichkeiten und unsere Vorstellungen von „Guter Arbeit“ durchzusetzen, muss der kommunale Einfluss wieder gestärkt werden.

Vor diesem Hintergrund beschließt der Landesvorstand:

1. Eine vollständige Rekommunalisierung der Abfallentsorgung und Straßenreinigung bereits in 2018 ist mit großen Risiken verbunden. Wir streben deshalb bei der operativen Durchführung dieser kommunalen Aufgaben nach 2018 zunächst die Zusammenarbeit mit privaten Unternehmen an. Über die Form und die Höhe der Beteiligungen sowie die Unternehmensverträge ist dabei ein maßgeblicher Einfluss der Stadtgemeinde Bremen sicher zu stellen.

2. Vorrang hat für uns zunächst die Verbesserung der kommunalen Kompetenz zur strategischen Steuerung der Abfallentsorgung und Straßenreinigung durch die Stadtgemeinde Bremen. Wir streben deshalb die Errichtung einer Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) an, in der die öffentlich-rechtlichen Aufgaben und kommunalen Bereiche der Entsorgung und Reinigung sowie die Unternehmensbeteiligungen unter einem Dach zusammengeführt werden. Eine wesentliche Aufgabe der AöR muss zudem sein, Synergien bei der kommunalen Daseinsvorsorge zu erschließen und perspektivisch auch andere Bereiche wie die städtische Grünpflege und den Abwasserbereich in kommunale Lösungen mit einzubeziehen.

3. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Errichtung einer kommunalen AöR sind noch in dieser Legislaturperiode zu schaffen, mit der Errichtung ist in 2015 zu beginnen. Bremen muss sich darüber wieder die nötige Kompetenz erarbeiten, kommunale Betriebe in diesem Sektor effizient und vorausschauend zu führen. Die Mitbestimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist in den Aufsichtsgremien der AöR zu verankern.


4. Die Beteiligungsverträge mit privaten Unternehmen sind auf Laufzeiten von maximal 10 Jahren zu begrenzen. In den Verträgen sind umfassende und eindeutige Endschaftsrege-lungen zu vereinbaren. Ziel muss es sein, der Stadtgemeinde Bremen zum Vertragsende ein Höchstmaß an Entscheidungsfreiheit für die weitere Gestaltung der Abfallwirtschaft und Straßenreinigung zu sichern.

5. In Teilbereichen sehen wir die Möglichkeit und Notwendigkeit, den Weg zu einer vollständigen Rekommunalisierung schneller zu beschreiten. Dies gilt vor allem für den Bereich der Recycling-Stationen, der abfallwirtschaftlich zunehmend an Bedeutung gewinnt, weil für eine effektivere Kreislaufwirtschaft kleinteiligere Sammel- und Sortiersysteme benötigt werden. Dieser Bereich ist bislang stark zersplittert und verteilt sich auf mehrere Betreiber. Um eine bessere und einheitlichere Steuerung zu erreichen, streben wir bereits ab 2018 eine Zusammenfassung der Recyclings-Stationen in einem kommunalen Betrieb an. Hier sehen wir auch große Chancen für eine Verbindung mit beschäftigungspolitischen Projekten und Stadtteilstrukturen.

6. Eine besondere Herausforderung stellt auch die Organisation der Straßenreinigung und des Winterdienstes dar, deren Aufgaben sich bislang auf einen privaten Auftragnehmer, den Umweltbetrieb Bremen (UBB) und das Amt für Straßen und Verkehr (ASV) verteilen. Diese Zersplitterung muss überwunden werden. Wir streben eine Optionslösung an, die eine kommunale Zusammenführung der Straßenreinigung spätestens in 2023 erlaubt.

7. Es ist sicherzustellen, dass die 1998 in die heutige ENO, KNO und SEN übergeleiteten Beschäftigten in ihren besonderen Rechten gesichert sind und weiterhin mit ihren besonderen Erfahrungen und Qualifikationen für die Abfallentsorgung und Straßenreinigung zur Verfügung stehen. Wir werden auch die Interessen der Beschäftigten von Nehlsen beachten, ihnen Planungssicherheit geben und alle Möglichkeiten nutzen, deren Kompetenz in Bremen zu erhalten. Gleiches gilt für die Beschäftigten in den Recycling-Stationen.
8. Es ist überdies sicherzustellen, dass alle Unternehmen, an denen sich Bremen beteiligt, über eine Tarifbindung verfügen. Tariffreie und gewerkschaftsfreie Zonen akzeptieren wir nicht. Von privaten Partnern erwarten wir ein klares Bekenntnis zur Sozialpartnerschaft.

9. Abfallentsorgung und Straßenreinigung ging und geht nicht ohne qualifizierte und engagierte Beschäftigte. Von besonderer Bedeutung ist daher für die SPD die Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft ver.di und den Betriebsräten. Wir erwarten, dass der Senat hierfür einen Beteiligungsprozess entwickelt, in dem die Fragen der künftigen Aufgaben und Organisation besprochen werden.