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Resolution des Landesparteitages vom 1. November 2006

01.11.2006
Wege aus der Armut durch gerechtere Lebenschancen
Armut ist in den Städten Bremen und Bremerhaven in Folge des wirtschaftlichen und sozialen Strukturwandels nach wie vor stark verbreitet. Beide Städte weisen trotz mancher Fortschritte eine überdurchschnittlich hohe Zahl an Arbeitslosen und Beziehern von öffentlichen Sozialleistungen auf. Bremerhavens Werte sind dabei noch problematischer. Ein zu großer Teil unserer Bevölkerung lebt unterhalb oder in der Nähe der Armutsgrenze. Das gilt insbesondere für Alleinerziehende, Eltern mit mehr als 3 Kindern und Kinder unter 3 Jahren. Wir Sozialdemokraten wollen nicht, dass die Gesellschaft in drei Teile zerfällt: Wohlhabende, die alle Chancen haben und diese vererben können, eine arbeitende Mitte, die den sozialen Abstieg fürchtet, und eine Gruppe von Menschen, die für sich keine Perspektiven mehr zu erkennen vermag. Wir wollen erreichen, dass sich Leistung für alle Menschen lohnt, dass die soziale Herkunft nicht über die Lebens-, Bildungs- und Beschäftigungschancen entscheidet. Wir treten dafür ein, dass die Menschen in sozial schwierigen Lebenslagen die öffentliche Hilfe und Förderung erhalten, die sie benötigen. Wir Bremer Sozialdemokraten wollen gerechtere Lebenschancen und Teilhabe durch mehr Bildung, Arbeit und soziale Integration in den beiden Städten unseres Landes erreichen. Deshalb konzentrieren wir uns auf politische Schwerpunkte, die auch im Entwurf des Landesvorstands für ein Wahlprogramm zur Bürgerschaftswahl im Mai 2007 genannt werden:

Gerechtere Bildungschancen, unabhängig von der sozialen Herkunft

Wir wollen die Kopplung zwischen der sozialen Stellung der Eltern und dem Schulerfolg der Kinder aufbrechen. Die Qualität von Bildung und Betreuung soll erhöht, der Zugang zu den Angeboten erleichtert werden. Unser längerfristiges politisches Ziel besteht darin, eine qualitativ hochwertige gebührenfreie Ausbildung und Betreuung vom Kindergarten bis zur Hochschule anzubieten. Die schrittweise quantitative und qualitative Ausweitung der Kinderbetreuung für die 0-6-jährigen Kinder bleibt ein Eckpfeiler sozialdemokratischer Familienpolitik. Eine verlässliche frühkindliche Betreuung ermöglicht Kindern aus ärmeren und bildungsfernen Familien soziale Teilhabe. Für erwerbstätige Eltern erleichtert sie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Der Ausbau der Angebote soll vorrangig in den Stadtteilen erfolgen, wo Armut und Arbeitslosigkeit besonders häufig vorkommen. Kindergärten und Schule sollen enger zusammenwirken. Der Ganztagsschule gehört die Zukunft. Wir wollen, dass Schüler solange wie möglich eine gemeinsame Schule besuchen. Die Schulen sollen durch Anreizsysteme dazu verpflichtet werden, die Schülerinnen und Schüler zu einem Schulabschluss zu führen. Mit einem Abgang aus der Klasse 10 muss die Berufsfähigkeit verbunden sein.

Gerechtigkeit durch Teilhabe und soziale Intervention

Wir wollen allen Menschen ermöglichen, dass sie sich entfalten und im Rahmen ihrer Möglichkeiten einen Beitrag zum sozialen und wirtschaftlichen Leben in beiden Städten erbringen können. Menschen in schwierigen Lebenslagen haben Anspruch auf materielle und personelle Unterstützung. Die sozialen Dienste werden wir für die Aufgaben sozialer Intervention in Problemfamilien bedarfsgerecht ausstatten. Die Hilfesysteme werden wir in den Sozialzentren ortsteilbezogen und nach den Prinzipien aufsuchender Jugend- und Sozialarbeit ausrichten. Besondere Aufmerksamkeit gebührt den Problemfamilien, in denen Kinder geboren werden oder aufwachsen. Um den Unterstützungs- und Entwicklungsbedarf besser abschätzen zu können, wird der Senat zukünftig regelmäßig einen Armuts- und Reichtumsbericht für das Land und die Stadtgemeinden herausgeben.

Zielgruppenorientierte Arbeitsmarktförderung

Trotz der Erfolge bei der Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen durch die bisherige Wirtschaftsstruktur- und Arbeitsmarktpolitik bleibt der Abbau der immer noch zu hohen Arbeitslosigkeit die wichtigste politische Aufgabe. Die Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik wollen wir enger verzahnen. Die Instrumente der Wirtschaftsförderung sind auf ihre Effektivität hin zu überprüfen und kundenzentriert auszurichten. Wirtschaftsförderung muss auch der Beschäftigungsförderung dienen. Arbeitsmarktpolitische Förderprogramme insbesondere des Bundes und der EU müssen weiterhin für Bremen und Bremerhaven genutzt werden. Besondere Anstrengungen müssen für die Beschäftigung jüngerer und älterer Arbeitsloser sowie für Arbeitslose mit einem Migrationshintergrund unternommen werden. Der Umfang der öffentlichen Beschäftigungsmaßnahmen mit möglichst sozialversicherungsrechtlicher Absicherung ist erheblich auszuweiten. Die Qualität von Qualifizierungsangeboten ist stark zu verbessern.

Soziale Stadtentwicklung und Bürgerbeteiligung

Bremen und Bremerhaven brauchen eine nachhaltige und zukunftsorientierte Stadtentwicklungs- und Infrastrukturplanung. In und zwischen den Stadtteilen soll eine sozial ausgewogene Entwicklung gewährleistet werden, an der sich die Bürger auf unterschiedliche Weise beteiligen können. Priorität haben die Stadtteile, die von Armut und Arbeitslosigkeit besonders betroffen sind. Mit Hilfe von Projekten soll die Identität der Quartiere gestärkt, sollen Zuwanderinnen und Zuwanderer integriert, das bürgerschaftliche Engagement und die Bildung sozialer Netzwerke gefördert werden.

Sozialpolitische Flankierung durch den Bund, die EU und die Länder

Die Aktivitäten des Landes und der beiden Städte Bremen und Bremerhaven sind, um erfolgreich zu sein, auf die Förderung durch den Bund, die EU und die Kooperation mit den anderen Ländern und Städten angewiesen. Insbesondere geht es darum, dass der Bund
  • gegenüber den Kommunen seine Zusagen einhält und diese weiterhin bei den Kosten für Unterkunft und Verpflegung für Arbeitsuchende entlastet,

  • durch seine Steuerpolitik den Ländern und Kommunen ermöglicht, ihren gesetzlichen Aufgaben nachzukommen,

  • von weiteren Eingriffen in das Fördersystem für Arbeitslose absieht, um deren Lage nicht zu verschlechtern,

  • einen gesetzlichen Mindestlohn einführt, wie er von den Gewerkschaften gefordert wird,

  • der Bundesagentur für Arbeit eine aktive Arbeitsmarktpolitik ermöglicht und Beschäftigungsprogramme für jüngere, ältere und Langzeitarbeitslose auflegt,

  • eine regionale Strukturpolitik in Kooperation mit der EU betreibt, die den Ländern und Städten die Entwicklung gleichwertiger Lebensbedingungen ermöglicht.